Der Bund der Versicherten (BdV) hatte im Jahre 1982 zusammen mit der Verbraucherzentrale Hamburg eine Broschüre mit dem Titel "Versicherung - ja, aber..." herausgegeben hatte, in der zu lesen war:
"Die Lebensversicherung zur Altersversorgung ist ein ,legaler Betrug’.
Diese Kapital-Lebensversicherung ist zu neunzig Prozent überhaupt keine
Versicherung, sondern ein langfristiger Sparvertrag mit einer Rendite,
die oft unter der Inflationsrate liegt und dann gleich Null ist. Mit den Geldern,
die Lebensversicherte langfristig hingeben, verschaffen sich die Unternehmen
aber inflationssichere Kapitalanlagen mit hohen Wertsteigerungen, an denen die
Versicherten nur selten beteiligt werden. Und der Staat verschafft sich hier billige
langfristige Kredite, so daß man Beiträge für Kapital-Lebensversicherungen in
vielen Fällen auch als ,Steuer für Dumme’ bezeichnen kann, die man hier mit
angeblichen Steuervorteilen (die kaum zum Tragen kommen) zur langfristigen
Geldhingabe verführt.
Millionen Bundesbürger haben durch den Abschluß falscher Kapital-Lebensversicherungen
Zigmilliarden Mark verloren - vor allem beim vorzeitigen Aussteigen aus diesen
Verträgen und die dann meist sehr geringe Beitragsrückzahlung.
Gewinner sind Staat und Lebensversicherungsunternehmen, die hier Hand in Hand arbeiten."
Der Verband der Lebensversicherungsunternehmen, an derart massive und öffentliche Kritik nicht gewöhnt, wollte diesen Vorwurf natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er klagte gegen den Bund der Versicherten auf Unterlassung dieser ,verletzenden Äußerungen". Die Klage wurde im Juni 1983 durch Urteil des Landgerichts Hamburg abgewiesen. Die Branche legte aus optischen Gründen Berufung ein, zog diese aber in der Erkenntnis, daß sie diesen Prozeß nicht gewinnen konnte, gleich wieder zurück. Das Landgericht Hamburg führte in seiner Urteilsbegründung aus:
"Die streitige Äußerung dient der Aufklärung der Verbraucher über das Wesen der Lebensversicherung zur Altersversorgung. Durch die Einstufung dieser Versicherung als ,legaler Betrug’ wird von dem Abschluß solcher Verträge abgeraten.
Es ist ein öffentliches Interesse daran vorhanden, daß potentielle Versicherungsnehmer über die verschiedenen Möglichkeiten, das Todesfallrisiko zu versichern, aufgeklärt werden. Angesichts dessen, daß in der Werbung des Klägers und seiner Mitgliedsunternehmen die Lebensversicherung zur Altersversorgung im Vordergrund steht, besteht ein Aufklärungsbedürfnis über die Versicherungsart Risikolebensversicherung. Die Aussagen in der Broschüre zum Thema Risiko-Lebensversicherung und Lebensversicherung zur Altersversorgung ergeben, daß hier ein Vergleich zwischen diesen Versicherungsarten vorgenommen und im Interesse der Verbraucher - als für diese günstiger - der Abschluß von Risiko-Lebensversicherungen empfohlen wird."
Diese Medien- und Wissenschaftskritik zusammen mit dem Urteil über den "legalen Betrug" haben letztendlich bewirkt, daß vor allem die großen Aktiengesellschaften sich entschließen mußten, die vielfach "klägliche" Überschußbeteiligung der Versicherten ein wenig zu verbessern. Und das Aufsichtsamt gab zu, daß die Kritik nicht ganz unberechtigt sei, und führte Mitte der 80er Jahre Verbesserungen bei Rückkauf (vorzeitiger Kündigung) von Kapitalversicherungen ein.